Kevelaer
Im Ortsteil Kevelaer leben auf 1.946 ha 17.501 Einwohnerinnen und Einwohner (Stand: 31.12.2023). Kevelaer grenzt im Norden an die Gemeinde Weeze, im Osten an die Gemeinden Uedem und Sonsbeck (Kreis Wesel), im Süden an die Stadt Geldern und im Westen an die Gemeinde Bergen in Limburg, Niederlande. Zum Ortsteil Kevelaer gehört auch die Bauernschaft Keylaer.
Wappen
"Geteilt, oben in Blau eine goldene (gelbe) Mispelblüte mit roten Butzen und roten Kelchblättern, unten in Gold (Gelb) eine rote Lilie." Das Wappen bringt durch die Kombination der geldrischen Mispelblume mit einem Element des Klever Wappens - eine Lilie von der sogenannten "Lilienhaspel" (eigentlich einem Karfunkelschild) - zum Ausdruck, dass das Gebiet der 1969 neu gebildeten Gemeinde Kevelaer rittlings auf einer uralten Territorialgrenze sitzt, da es Gebietsteile der ehemaligen Herzogtümer
Geldern und Kleve umfasst.
Das alte Wappen der Gemeinde Kevelaer wurde nach der Bildung der heutigen Stadt 1969 durch das neue ersetzt. Es zeigt auf der linken Seite ein goldenes Kreuz auf blauem Grund, und auf der rechten Seite ein dreiblättriges, grünes Kleeblatt auf goldenem Grund.
Geschichte
Erste Erwähnung im Mittelalter
Die älteste noch vorhandene Quelle in welcher der Name Kevelaer vorkommt, die Verkaufsurkunde eines Bauernhofes, stammt vom 10. Mai 1300. Kevelaer war damals und auch noch lange Zeit danach ländlich geprägt und bestand aus verstreuten Höfen. Der größte Teil der Region war im 12. und 13. Jahrhundert im Besitz des Stiftes Xanten und des Klosters Grafenthal. Zu Kevelaer zählten die Bauernschaften Keylaer, Hegerath und Vorst und der südliche Hof von Hüdderath. Diese Bauernschaften gehörten alle zum Gericht Wetten.
Nach der Steuerliste des Amtes Geldern von 1369 befanden sich 31 Häuser, Höfe und Katen in den Bauernschaften von Kevelaer. Politisch stand Kevelaer im 14. Jahrhundert unter geldrischen Grafen und Herzögen. Von den Folgen der Erbauseinandersetzungen der geldrischen Dynasten Rainald und Eduard, Söhne des verstorbenen Herzogs Rainald II., dürfte Kevelaer als Grenzort und unweit der Festungsstadt Geldern nicht verschont geblieben sein. Diese Auseinandersetzungen wurden Mitte des 14. Jahrhunderts zwölf Jahre lang mit Waffengewalt im Gelderland und im Klevischen ausgetragen.
St. Antonius-Kapelle wird zur Pfarrkirche erhoben
Im 15. Jahrhundert wurde Kevelaer von Herzögen aus dem Hause Jülich, aus dem Hause Egmond und von burgundischen Herzögen regiert. Im Jahre 1472 erlebte der Ort eine wichtige Erhöhung, als die an der Stelle der heutigen Pfarrkirche gelegene St. Antonius-Kapelle zur Pfarrkirche erhoben wurde. Kevelaer verfügte über eine weitere Kirche in Keylaer, die dem heiligen Hubertus geweiht und wohl bis 1472 finanziell besser gestellt war. Um 1500 wurde allgemein die desolate Lage des Landes beklagt. Kevelaer wird wohl auch unter der zunehmenden Gewalt im Lande gelitten haben.
Im 16. Jahrhundert stand Kevelaer unter der Herrschaft der Herzöge von Egmond, von Jülich-Kleve-Berg, unter Kaiser Karl V., unter den Generalstaaten (Niederländische Republik) und unter spanischer Herrschaft. Im Jahr 1531 existierte in Kevelaer bereits die St. Antonius-Schützengilde, die mehrere Jahrhunderte für Sicherheit und Ordnung im Ort sorgte und gleichzeitig für die Fürsorgeangelegenheiten wie Armenversorgung und Krankenversorgung zuständig war. Kaiser Karl V. vereinigte 1543 das von seinem Heer bezwungene Herzogtum Geldern mit den übrigen 17 niederländischen Provinzen. Zwölf Jahre später legte Kaiser Karl V. die Regierung der Niederlande zu Gunsten seines Sohnes Philipp von Spanien nieder. Kevelaer zählte bis 1559 zur Erzdiözese Köln. Auf Wunsch des spanischen Königs Philipp wurde durch Papst Paul IV. 1559 das Gelderland und somit auch Kevelaer der Diözese Roermond zugeordnet. Die im Jahre 1568 einsetzenden 80 Jahre dauernden spanisch-niederländischen Freiheitskriege und der Dreißigjährige Krieg (1618-1648) brachten auch den Kevelaerern viel Not und Elend. Sie suchten, als die Konflikte furchtbare Ausmaße annahm, jahrelang Schutz in mit Büschen umwachsenen Schutzanlagen, die durch ein abgeriegeltes Tor gesichert waren (Schanzen). Dennoch fielen wohl über 100 Kevelaerer am 01. August 1635 bei einem Überfall kroatischer Söldner brutalen Plünderungen zum Opfer. Als Ergebnis der Kämpfe wurden die Niederlande im Jahre 1648 von Spanien unabhängig, während Kevelaer mit dem katholischen Obergeldern weiterhin unter spanischer Herrschaft verblieb.
Hendrik Busman erbaute einen Bildstock mit Andachtsbildchen
Während des Dreißigjährigen Krieges hörte ein Handelsmann aus Geldern mit Namen Hendrik Busman kurz vor Weihnachten 1641, inmitten der Kevelaerer Heide, nahe eines Hagelkreuzes eine Stimme. Ihm wurde aufgetragen, an dieser Stelle eine Kapelle zu bauen. Als er dieselben Worte noch an zwei weiteren Tagen vernahm, stand sein Entschluss fest, der Aufforderung Folge zu leisten. Im Jahre darauf kam eine französische Armee über den Rhein um sich mit einem kurhessischen Korps zu vereinigen, um die kaiserliche Armee, die die Spanier unterstützte, zu bekämpfen. Im selben Jahr, einen Monat vor Pfingsten, sah Busmans Ehefrau Mechel bei Nacht ein großes, glänzendes Licht, in dessen Mitte sich ein Heiligenhäuschen mit einem Andachtsbild befand, das einem Luxemburger Wallfahrtsbildchen glich, das ihr vor kurzem von kaiserlichen Soldaten angeboten worden war. Sie erzählte das ihrem Mann, der das Bildchen daraufhin erwarb.
Hendrik Busman hielt sein Versprechen ein und baute trotz widrigen Zeiten einen Bildstock in der Gestalt, wie ihn Mechel gesehen hatte, an dieselbe Stelle, an der er die Stimme vernommen hatte. Am Sonntag, den 1. Juni 1642, stellte der damalige Kevelaerer Ortspfarrer das Andachtsbildchen in den Bildstock. Bereits im selben Jahr war der Andrang groß. Die erste geschlossene Prozession kam 1643 aus Rees. Diesem Beispiel folgten bald Prozessionen aus der ganzen Umgegend und aus dem Rheinland. Die erste Kevelaerer Wallfahrtskirche, die heutige Kerzenkapelle, ist in den Jahren 1643-1645 erbaut worden. Der Bischof von Roermond gründete im Einvernehmen mit dem Erzbischof von Mecheln 1646 in Kevelaer eine Niederlassung der Oratorianer. Kevelaer erhielt fünf Jahre nach Einsetzung des Heiligenbildchens die Approbation zum Wallfahrtsort.
Kevelaer unter preußischer Herrschaft
Während des 17. Jahrhunderts kam es zwischen Frankreich und Spanien immer wieder zu kriegerischen Auseinandersetzungen, wobei vor allem im langjährigen Krieg von 1672-1679 Kevelaer und die Umgebung unter den Auseinandersetzungen zu leiden hatten. Im Spanischen Erbfolgekrieg eroberte dann das mit dem habsburgischen Kaiser verbündete Preußen weite Strecken Obergelderns; seit 1703 stand Kevelaer damit unter preußischer Herrschaft. Der preußische König Friedrich Wilhelm I. besuchte das im Frieden von Utrecht 1713 erworbene Territorium und auch Kevelaer im Jahre 1714. Im Jahre 1738 kam er noch einmal mit seinem 26 Jahre alten Kronprinzen, dem späteren König Friedrich II., nach Kevelaer. 1742 erlebte die Stadt dann ein prächtiges Wallfahrtsjubiläum mit Pilgern aus ganz Europa. Während dieser Entwicklungen wuchs die ehemalige Bauernschaft langsam zu einem Dorf mit etwa 125 Häusern an. Während des Siebenjährigen Krieges (1756-1763) litt die Bevölkerung einmal mehr unter der Einquartierung zahlreicher Soldaten.
Drei Jahre nach Ausbruch der Französischen Revolution und dem Sturm auf die Bastille fiel dann im Jahr 1792 kurz vor Weihnachten ein Trupp französischer Soldaten aus dem Revolutionsheer in Kevelaer ein und erpresste vom Superior des Oratoriums 15.000 Pfund. Im Oktober 1794 wurde der Niederrhein durch republikanische Nord-, Sambre- und Maas-Armeen besetzt. In den von den Franzosen besetzten Gebieten wurde im Jahre 1800 eine Verwaltung nach französischem Muster, eine Oberpräfektur in Aachen und gebietsweise Unterpräfekturen, eingerichtet. Kevelaer zählte zur Unterpräfektur Kleve. Unter Napoleon, der seit 1799 als "Konsul" Frankreich beherrschte, folgte 1801 eine Neugliederung der Bistümer. Kevelaer wurde dem Bistum Aachen zugeordnet (seit 1821 zählt Kevelaer zum Bistum Münster). Das Oratorianerkloster in Kevelaer wurde 1802 von der französischen Regierung zum Staatseigentum erklärt, die zum Kloster zugehörige Gnadenkapelle und Kerzenkapelle versiegelt. Das Kloster und die Kirchen (auf Befehl des Unterpräfekten Dorsch wurden die Kirchen für Gottesdienste geöffnet) blieben bis 1806 (die Kirchen) bzw. bis 1807 (das Oratorianerkloster) Staatseigentum.
Mit der Niederlage Napoleons verließen die französischen Behörden 1814 das Land und fortan stand Kevelaer wieder unter der Herrschaft von Preußen, wie seit dem Wiener Kongress 1815 das ganze Rheinland. Durch die neue Staatsgrenze wurden viele Orte westlich der Maas, die vor der Franzosenzeit zum Gelderland gehört hatten, abgetrennt. Im Jahre 1816 wurde die provisorische Verwaltung der Rheinlande aufgelöst und die neuen preußischen Regierungen in Kraft gesetzt. Kevelaer zählte zum Kreis Geldern, Regierungsbezirk Kleve (1822 wurde der Regierungsbezirk Kleve dem Regierungsbezirk Düsseldorf zugeordnet). Im Jubeljahr 1842 (200 Jahre Wallfahrt) fanden sich 254 Prozessionen in Kevelaer ein.
Der Kronprinz von Preußen, der spätere König Friedrich Wilhelm IV., stattete Kevelaer 1833 einen Besuch ab. Während des Kulturkampfes (1872-1878) erließ die protestantische Staatsgewalt zahlreiche Gesetze und Verordnungen und Maßnahmen gegen die katholische Kirche, die auch in Kevelaer Auseinandersetzungen und Aufregung hervorriefen. Der Kulturkampf spitzte sich im Laufe der Jahre zu. Dies hatte zur Folge, dass die preußische Regierung das Oratorianerkloster 1876 zwangsweise räumen ließ und erst 1880 wieder freigab.
250 Jahre Wallfahrt in Kevelaer
Im Jubeljahr 1892 feierte Kevelaer 250 Jahre Wallfahrt. Die Wallfahrtszahlen stagnierten 1914 wegen der unsicheren Zeit. Im Vorjahr wurden noch 344 Pilgersonderzüge (Kevelaer hatte seit 1863 eine Eisenbahnstation) und 600.000 Pilger gezählt. Im November desselben Jahres wurde Kevelaer Garnisonsstadt. Nach Beendigung des Ersten Weltkrieges rückten im Dezember 1918 die ersten belgischen Besatzungstruppen in Kevelaer ein. Bis 1926 stand Kevelaer unter belgischer Besatzung.
In Kevelaer wurde das Marienbildchen gleich zu Beginn des Zweiten Weltkrieges unter dem Turm der Basilika versteckt. Die Bedrohung aus der Luft nahm 1942 zu, das in die Kriegszeit fallende 300-jährige Jubiläum wurde jedoch nicht behindert. Am 3. März 1945 nahmen die Alliiertentruppen Kevelaer ein. Wenige Tage nach der Besetzung kehrten viele evakuierte Kevelaerer zurück, hundert von ihnen hatten ohnehin im Wallfahrtsort ausgeharrt. Die Wiederherstellung der bombardierten Bezirke Kevelaers ging zügig voran. Im Jahr 1948 fand in Kevelaer der erste Kongress zur Völkerversöhnung statt, zu dem die internationale Pax Christi Organisation eingeladen hatte.
Verleihung der Stadtrechte
Durch Erlass des Innenministers des Landes Nordrhein-Westfalen sind der Gemeinde Kevelaer am 25. Mai 1949 die Stadtrechte verliehen worden. Zwanzig Jahre später, am 1. Juli 1969, erfolgte die kommunale Neuordnung: "Die Stadt Kevelaer, die Gemeinden Kleinkevelaer, Twisteden und Wetten (Amt Kevelaer) und die Gemeinden Kervendonk, Kervenheim und Winnekendonk (Amt Kervenheim) werden zu einer amtsfreien Gemeinde zusammengeschlossen. Die neue Gemeinde erhält den Namen Kevelaer und führt die Bezeichnung "Stadt". Die Ämter Kevelaer und Kervenheim werden aufgelöst."